4 Leger in einem Spiel
Geschrieben von: Torsten Seidel   
Mittwoch, den 30. September 2020 um 07:49 Uhr
Die Männer waren abgekämpft. Müde Gestalten fern des alten Glanzes der 17/18er Texans. Man hatte sich aufgerieben in einer Saison voller verlustreicher Verteidigungsschlachten gegen die unerbittlichen Horden der SK West. Mannschaftsmutti Totti ging letztlich durch die Reihen kaputter Knie, kaputter Ellenbogen und ja, kaputter Seelen, welche sich zittrig an den Ball klammerten. Ein Schulterklopfen hier ein Wangenkneifen da. Es musste weitergehen. Die Einen flüchteten sich in mantrahaft vorgetragene Erzählungen vergangener Legenden, wie das Pokalhalbfinale der dreckigen Sieben oder die stundenlangen Truppenversetzungen in Zügen voller strahlender Gesichter und zotigen Ausdrücken. Die Anderen klammerten sich an den Fetzen Hoffnung neu beitretender Spieler … Geisterarmeen. Mit dem Rücken zur eigenen Home Base sahen wir einer dunklen Zukunft in der Bezirksliga entgegen. Doch dann stoppte eine Pandemie die Schlachtbank, kurz bevor wir an der Reihe waren. Aus Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit oder wenigstens Mitleid kreierte der Verband ein Schlupfloch, welches wir ohne jegliche Scham annahmen und uns wurde ein weiteres Jahr in der Sonne der Sachsenklasse geschenkt.
Doch wir waren gebrandmarkt. Offen wurden wir mit einer Ansammlung zusammengehörender Nutztiere oder einer Reihe dicht beieinanderstehender Büsche verglichen. Blasphemie ist offenbar in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Anfragen früher undenkbarer Fusionen wurden ausgesprochen. Doch eine willenlose Drohne zum Annehmen und Knüppeln in einem schwarz-goldenen Kollektiv sein? Wo bleibt da der Platz für Leger und geschmacklose Quartetts? Es wurde abgelehnt, unser Widerstand ist zwecklos, aber heissblütig.
Dann wieder ein Nackenschlag: Maukes Passat gab unter Last unschöne, helle Geräusche von sich! Nicht wie üblich die durchdrehenden Räder bei 120 Sachen im dritten Gang, nein der Motor, mit 500.000km gerade eingelaufen, versagte zunehmend den Dienst. Es wurde finster…
Aber es keimt Hoffnung. Mauke stellte sich den digitalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und erwarb im Darknet einen passenden Austauschmotor! Das Bernsteinzimmer ist vermutlich leichter zu finden. Und es gab einen Zugang: ein Tex-Alumni namens Ken. Nach einem Ritt durch Regional- und Stadtliga stand dieser wie Dirk Diggler mit zerrissener Hose vor unserer Pforte und wurde versöhnend in den Arm genommen und mit Spielkleidung versehen.
Mit Wonne vernahmen wir, dass uns der Lehrplan am ersten Wandertag zu den alten Weggefährten nach Borna schickte. Die Freude wurde durch das Fernbleiben unseres Hauptknüpplers Totti getrübt, welcher der gemeinen Männergrippe erlegen ist und somit wahrscheinlich Teil eines kommenden Nachrufes wird. Zweitdollster Knüppler Eric ist zudem mit Stiernacken auf der IRL. Im Abschlusstraining wurde personell im klassischen 3 gg. 3 aus den Vollen geschöpft und beim Kraftkreis durch passende Spieleranordnung wenigstens 50% der Wortdefinition erfüllt.
Im ersten Spiel durften die L.E. Volleys ran und man sah ein phasenweise enges Spiel, in welchem Borna durchaus Möglichkeiten hatte zu punkten, letztlich aber mit 1:3 klein beigeben musste. Dabei wurde mit feuchten Mündern von außen bemerkt, dass die Gastgeber kurze Feldabwehr so liebten, wie Julian Borussia Dortmund.
Nach dem üblichen Vorturnen ging es also erstmals los für uns. Überraschenderweise waren wir so vollzählig, dass jeder auf der Position stand, die er auch in seinem Poesiealbum führt. Mit Mike und Ken konnte sogar die Bank bewacht werden. Die Gastgeber hatten gewitzt das kurze Feld aufgebaut, um Sprungaufschläge zu erschweren, dabei aber übersehen, dass in unserem verbliebenen Haufen diese Disziplin sowieso niemand beherrschte. Und so konnte Mauke, als erster dokumentierter Ausführer des gestandenen Aufschlages von oben, in diesem Satz acht Peitschen unterbringen. Vermutlich aus Rache und unwissend der Kraft des Austauschmotors ersannen die Gastgeber das Konzept des dreifachen Sichtblockes vor Ersatzkapitän Mauke, schafften es aber erst im vierten Versuch, uns überhaupt die Chance einer Annahme einzuräumen. (Spoiler: das Konzept war erst- und letztmalig im 23. Versuch im dritten Satz erfolgreich; das nennt man wohl hartnäckig). Kurz gesagt war der erste Satz aber nichts für Genießer. Borna hatte die Spendierhosen an und war mit 11 Zählern zufrieden.
Im zweiten Anlauf wurde die Angelegenheit schon galliger und auf beiden Seiten wurde der Sportart Entsprechendes gezeigt. Lange Ballwechsel konnten in der Regel wir gewinnen und insbesondere die Mitten hatten in der Offense immer den richtigen Schneid. Dankbarerweise hat Borna aber weiterhin am patentierten Aufschlagkonzept festgehalten und uns mit Überraschungen verschont. Zudem wurde sich an das von draußen Gesehene erinnert und der Leger zum festen Bestandteil unseres Playbooks auf allen Positionen. In der Vergangenheit gezahlte Transfersummen machten sich nun bezahlt. Letztlich wurde auch dieser Satz mit beruhigendem Vorsprung eingebeutelt.
Der dritte Satz glich im Wesentlich dem Zweiten. Schwächelnde Spieler bei den Texans konnten immer einen Punkt vor drohender Auswechslung das Ruder herumreissen und so die Wechselspieler punktuell und unerfüllt in Hoffnung wiegen. So entsteht Liebe. Mit Liebe verschont wurde weiterhin die kurze Feldabwehr der Gegner, sodass in der Schlussphase einige Bälle, besonders dreckig, gesprungen eingepritscht wurden. Die Schiedsrichter beendeten regelkonform nach Erreichen der Mindestpunktzahl das Leid und wir konnten nach fast 11 Monaten den ersten Auswärtssieg feiern und somit bereits 30% der Punkte der letzten Saison einfahren.
Unmenschlicherweise muss Borna den Siegern am Ende noch die Duschmarken aus eigener Tasche bezahlen. Amnesty International, bitte helfen Sie!
In Borna gewannen und vermasselten so frühzeitig die Wiederholung der Double-Saison: Julian, Mauke, Mike, Cliff, Ken, Raik, Christian, Dave
Die dritte Niederlage der Vikings am Krankenbett hinnehmen musste: Torsten
Rücksichtslos ohne Schulterblick die Spur wechseln muss: Eric
 
Autor: D. Müller ... Halt!!! Das ist zu eindeutig... sagen wir lieber David M.
 
 
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